Prämisse bei der Online Videokommunikation / bei Videokonferenzen – testen, testen, testen
- Es gibt unzählige Systeme zur Online Video Kommunikation – alle haben ihre Eigenheiten. Zumindest das, was ich selbst am Rechner installiert habe, kann ich testen. Das geht von Einstellungen über Bild/Video-Hintergründe bis zu Funktionen wie Chat oder Whiteboard.
- Auch die Themen Bildhygiene und Tonhygiene müssen VOR dem Online-Meeting oder Interview aus dem Home Office getestet sein.
Machen Sie einen Call mit jemandem und probieren Sie alle Möglichkeiten aus. Dann haben Sie im Meeting / Interview den Kopf frei.
1. Bildhygiene
Hintergrund / Weichzeichnen / Virtuell
Waren Sie als ExpertIn oder als AnsprechpartnerIn für Ihrer KundInnen bisher im Studio, im Büro oder im Verkaufsraum zu sehen, so erhaschen wir bei einem Interview von zu Hause / aus dem Homeoffice einen Blick in ihren privaten Lebensraum. Und der ist pragmatisch gesagt Teil Ihres Images und vor allem Teil Ihrer Expertise – wir können visuelle Eindrücke nun mal schwer vom Inhalt trennen. Wählen Sie also Ihren Hintergrund mit Bedacht. „Will ich in diesem Umfeld gesehen werden?“ lautet die Checkfrage. Fast alle Programme bieten die Möglichkeit weichzuzeichnen oder virtuelle Hintergründe zu verwenden. Auch hier gilt: ausprobieren bevor es losgeht.
Kamerahöhe
Bei TV Interviews ist die Kamera immer auf Kopfhöhe. Das hat einen guten Grund: damit sind Sie auf „Augenhöhe“ mit den ZuseherInnen. Webcams sind – vor allem bei Laptops – immer niederer, bei Desktop PCs mit Webcam ist das meist passender. Stellen Sie also Ihren Laptop auf ein Podest (eine Kiste, ein Stapel Papier), damit Sie nicht von unten gefilmt werden. So vermeiden Sie die Froschperspektive. Ganz nebenbei tut das auch dem Doppelkinn gut 🙂
Achten Sie darauf, dass Sie am oberen Bildrand nicht zuviel „Luft“ haben. Sie sollten also Ihren Kopf nicht in der Bildmitte sondern bis knapp an den oberen Bildrand positionieren. Sie sehen dies im Video unten.
Kameradistanz
Der Abstand zur Kamera bestimmt die Nähe zu den ZuseherInnen. Wenn Sie sehr nahe kommen, wird die Wirkung sehr intim. Im schlimmsten Fall erinnern Sie an Welpenvideos, die mit der Nase ganz nahe an die Kamera herangehen.
Wenn Sie zu Nahe sind, nehmen Sie sich auch die Möglichkeit der Gestik. Ideal ist, wenn Sie etwa zwischen Portrait (also Mitte Ihrer Oberarme) und der „amerikanischen Einstellung“ wechseln können. Das wäre im Sitzen so, dass man gerade die Kante des Schreibtischs und Ihre Hände sieht.
Die Gestik ist durch die größere Nähe zurückgenommener.
Kleidung
So verlockend es ist im Home Office. Business Termin ist Business Termin, Interview ist Interview. Und hier gehört auch Kleidung (siehe Kleidung in den Medien) nun mal zum Image – Charisma und Aussehen gehen Hand in Hand.
Ein special: Was Sie unten rum anhaben, sieht niemand (ausser Sie stehen zu früh auf). Aber es wirkt sich auf Ihr eigenes Gefühl von sich selbst aus. Loten Sie das für sich aus, ob Sie sich komplett „korrekt“ kleiden, allenfalls hin bis zu Schuhen. Oder ob Sie sich mit eleganter Oberkleidung und Jogginghose / Hausschlapfen trotzdem wohl fühlen.
Licht
Dazu gehört, dass auch die Ausleuchtung gut sein sollte. Eine romantische, etwas düstere Bibliothek muss nicht zwingend das beste Bild liefern.
Ideal ist Tageslicht von der Seite, ersatzweise eine Beleuchtung, die Tageslicht von der Färbung her liefert. Leicht seitlich ist meist besser als frontal. Auch hier gilt: vorher testen.
2. Tonhygiene
Je „näher“ Sie klingen, umso mehr Nähe erzeugen Sie.
Integrierte Mikros klingen zwar meist OK, aber sie nehmen viel „Raum“ mit. Externe Mikros (Ansteckmikro, Headset) bringen einen dichteren, wärmeren, näheren Sound. Auch hier gilt: testen, testen, testen. Ich persönlich verwende am liebsten ein Ansteckmikro, fallweise ein Headset. Dabei verwenden Sie jedenfalls one ear Headsets, wenn Sie auf beiden Ohren Kopfhörer haben, hören Sie sich nicht selbst (und es sieht komisch aus). Auch in ear Headsets in einem Ohr getragen funktionieren. Bei virtuellen Hintergründen können Headsets Probleme im Bild verursachen.
Bei größeren Gruppen sollten nicht aktive TeilnehmerInnen den Ton muten.
Sie haben sonst ein ständiges Klackern, Rauschen oder Klappern. Wenn bei jemandem die Kaffeetasse runterfällt, haben das 30 Leute im Kopfhörer…
Achten Sie auf Störgeräusche.
Gerade im home office gehört da Disziplin dazu. Der Kleinste, der schreiend durchs Zimmer rennt, hat einmal einen charmanten Lacher – aber auf Dauer kann das Meetings crashen. Dazu gehören natürlich läutende Handies, Staubsauger, andere sprechende Menschen usw. usw.
3. Kommunikationshygiene
Blickrichtung
Ihre wichtigste Blickachse ist die Kamera. Das ist schwer – denn die Augen Ihres Gegenübers sind unterhalb der Kamera. Aber nur wenn Sie in die Kamera sprechen, hat Ihr Gegenüber das Gefühl, dass Sie ihn / sie ansehen.
Zumindest die wichtigsten Botschaften sollten in die Kamera gesendet werden – sonst kann der Blick dann auch kurz mal auf den Bildschirm oder seitlich gehen, z.B. wenn Sie einen Gedanken aufnehmen. Aber bitte vermeiden Sie einen „schwankenden“, unsteten Blick.
Und vor allem: Sagen Sie nichts Wichtiges, während Sie gerade am Rechner zB eine Notiz suchen, also „abwesend“ sind.
Machen Sie einen Punkt!
Da Sie niemanden unmittelbar gegenüber haben, fehlt direktes Feedback, ob man Sie unterbrechen möchte, weil Sie zu lange sprechen. Die feinen Signale, die ZuseherInnen (im Interview ModeratorInnen) wegen der fehlenden körperlichen Anwesenheit senden können, gehen unter. Deshalb brauchen Sie enorme Selbstdisziplin, was die Länge Ihrer Antworten betrifft. Diese sind im Interview üblicherweise bei einer Länge von cirka 30 Sekunden passend, gerne mal kürzer, falls nicht mehr zu sagen ist, länger selten – da muss der Inhalt schon bombastisch relevant und packend sein. Bitte sorgen Sie dafür, dass Ihre Statements nicht länger sind. Es fehlt sonst einfach Zeit zur Klärung anderer Sachverhalte (siehe Vom Mäandern, Herunterleiern und Erzählen).
Das gilt natürlich auch für Präsentationen. Durch das unmittelbar fehlende Feedback neigen viele dazu, ohne Punkt aber dafür mit sehr viel Beistrich zu sprechen. Die Stimme geht ständig hoch. Weil man das Gefühl hat, ja keine kleine Pause machen zu dürfen. Das killt jegliche Spannung (siehe Modulation in der Sprache).
Videokommunikation benötigt mehr Interaktion
Wegen des fehlenden direkten Feedbacks brauchen Sie in der Online-Kommunikation viel mehr Interaktion. Umfragen, Rückfragen, Fragerunden.
Ein Tipp dazu:
Bitten Sie bei Konferenzen oder Live-Schaltung die anderen Teilnehmer, das Video immer angeschalten zu lassen (so es die Bandbreite erlaubt). Das gibt Ihnen mehr Publikum und die Zuhörer haben weniger Verlockung, nebenbei mails zu schreiben, zu kochen oder zu bügeln.
Es gilt, was immer gilt, auch im realen Umgang.
Sprechen Sie mit Ihrem Publikum. Nicht vor Publikum. Eine gute Rede / Präsentation ist wie ein Dialog.
Es geht darum, dass Sie Ihre Energie senden – das ist durch eine Kamera noch bedeutender als es auf der realen Bühne ohnedies schon ist.
Was will ich wem, wie und mit welchem Ziel sagen?
Und natürlich ist gerade jetzt das wichtig, was immer wichtig war: Was genau will sagen? Wem genau will ich das sagen? Wie strukturiere ich meine Inhalte klar? Und welches Ziel möchte ich mit meinem Gespräch erreichen? (siehe die Checkfrage Unverständliche Inhalte sind nutzlos und den Beitrag CoreTelling – Was will ich sagen? Und Wie?)
Zum Thema:
Grenzen von Video Konferenzen und Online Kommunikation | Skype und Co für Online-Meetings (Magazin Training) | Wichtig ist die Bildhygiene (Kurier) | Inszenierung ist die halbe Miete | Der Videodreh – 5 Tipps für Erfolg | Kameratraining